Psychiatrie 2023
Erwachsenenpsychiatrie (EP)
Die am 17. Oktober publizierten Messergebnisse 2022 zeigten, dass die durchschnittliche Symptombelastung der Patientinnen und Patienten während des stationären Aufenthalts in der Erwachsenenpsychiatrie deutlich zurückging. Sowohl die Fremdbeurteilungen durch die Behandelnden als auch die Selbstbeurteilungen wiesen im Vergleich zum Vorjahr stabile Eintrittswerte auf. Aus Sicht der Patientinnen und Patienten nahmen die Symptome in ähnlichem Umfang ab wie im Vorjahr. Aus Sicht der Behandelnden war die Differenz zwischen Ein- und Austritt grösser als im Vorjahr, das heisst die Behandlung konnte die Symptombelastung stärker reduzieren als 2021. Die Zahl der Fälle stieg zum zweiten Mal in Folge deutlich an, von 83’067 Fällen im Jahr 2021 auf 86’497 Fälle im Jahr 2022.
Die Freiheitsbeschränkenden Massnahmen gingen im Vergleich zum Vorjahr um 0,8 Prozentpunkte zurück. Bei der Interpretation dieses Ergebnisses ist zu beachten, dass Freiheitsbeschränkende Massnahmen zum Schutz der Patientinnen und Patienten sowie ihres Umfelds eingesetzt werden. Eine geringe Zahl weist deshalb nicht automatisch auf eine bessere Behandlungsqualität hin.
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Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP)
Die Messergebnisse 2022 der Kinder- und Jugendpsychiatrie wurden – wie die Ergebnisse der Erwachsenenpsychiatrie – am 17. Oktober auf dem ANQ-Webportal aufgeschaltet und via Medienmitteilung kommuniziert. Bei den Kindern und Jugendlichen ging die durchschnittliche Symptombelastung während des Klinikaufenthalts klar zurück. Die Eintrittswerte lagen sowohl in der Fremd- als auch in der Selbstbeurteilung auf Vorjahresniveau. Aus Sicht der Behandelnden nahm die Symptombelastung bis zum Ende der Behandlung in ähnlichem Umfang ab wie im Vorjahr. Aus Sicht der Patientinnen und Patienten ging sie weniger stark zurück. Die Fallzahlen stiegen von 4’566 im Jahr 2021 auf 4’950.
Freiheitsbeschränkende Massnahmen wurden im Vergleich zum Vorjahr seltener angewendet, ihr Anteil sank um einen Prozentpunkt. Da diese Massnahmen ausschliesslich zum Schutz der Patientinnen und Patienten sowie ihres Umfelds eingesetzt werden, ist eine Abnahme nicht automatisch als Zeichen für eine bessere Behandlungsqualität zu interpretieren.
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Schulungen
Im Berichtsjahr überarbeitete der Fachbereich Psychiatrie sein Schulungskonzept. Ab 2024 werden die Schulungen zum HoNOS- und HoNOSCA-Fragebogen nur noch klinikintern durchgeführt. Sie finden wahlweise vor Ort in den Kliniken oder online statt.
Pilotprojekt in der intermediären klinikambulanten Psychiatrie
Von August 2022 bis Ende Januar 2023 erhoben 19 Tageskliniken der Erwachsenen- sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrie die Symptombelastung, die Lebensqualität und die Zufriedenheit ihrer Patientinnen und Patienten. Mit dem Pilotprojekt will der ANQ Grundlagen schaffen für einheitliche und vergleichende Qualitätsmessungen entlang der Behandlungskette stationär – intermediär klinikambulant. Im Berichtsjahr wertete das Mess- und Auswertungsinstitut w hoch 2 die erhobenen Daten aus und verfasste einen Vergleichsbericht dazu. Die teilnehmenden Pilotkliniken wurden im Herbst über die Resultate informiert. Die Daten werden – wie bei allen ANQ-Pilotprojekten – nicht öffentlich gemacht. Der Schlussbericht zum Pilotprojekt wird publiziert, sobald der ANQ-Vorstand im April 2024 über das weitere Vorgehen und allfällige künftige Messungen im klinikambulanten Bereich entschieden hat.
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Qualitätsausschuss (QA)
QA Psychiatrie
Der QA traf sich zu sechs Sitzungen. Zentrale Themen waren die Nationalen Vergleichsberichte 2022, die Weiterentwicklung des Messplans, die Integration von Zusatzauswertungen in die ANQ-Auswertungen sowie die Verbesserung der Datenqualität.
Im QA folgte Dr. Fritz Frauenfelder (Psychiatrische Universitätsklinik PUK Zürich) auf den im September zurückgetretenen Bruno Dolci (Integrierte Psychiatrie Winterthur ipw). Per Ende 2023 verabschiedet der QA das langjährige Mitglied Dr. phil. André Della Casa (HYPE ZÜRI Programm der Psychiatrischen Universitätsklinik PUK Zürich).
Expertengruppen (EG)
EG Alterspsychiatrie
Die EG tagte 2023 insgesamt vier Mal. Dieses Gremium hat die Aufgabe, Grundlagen und Messkriterien für die Alterspsychiatrie zu erarbeiten und Empfehlungen zuhanden des QA Psychiatrie abzugeben. Nach der Einführung des neuen Kliniktyps Alterspsychiatrie und der rückwirkenden Sistierung der Brief Symptom Checklist (BSCL) in der Alterspsychiatrie diskutierte die EG mögliche Messindikatoren und -instrumente, die den Besonderheiten dieses Kliniktyps besser gerecht werden. Gestützt auf eine Umfrage in den Kliniken der Alterspsychiatrie definierte die EG die Sturzerfassung als relevanten Messindikator. Um zu evaluieren, ob Stürze über klinische Routinedaten erfasst werden können, nutzte die EG Synergien mit dem Fachbereich Akutsomatik und beauftragte die Berner Fachhochschule (BFH) im Oktober mit einer Machbarkeitsabklärung. Die BFH ist langjährige Partnerin des ANQ und ging der gleichen Fragstellung auch für die Sturz- und Dekubitus-Messung in der Akutsomatik nach. Der Bericht der BFH zur Nutzung von klinischen Routinedaten in der Alterspsychiatrie erschien im März 2024. Je nach Ergebnis wird der ANQ gemeinsam mit der BFH ein Pilotprojekt zur Sturzerfassung über klinische Routinedaten in der Alterspsychiatrie lancieren.
Im Berichtsjahr wurde Prof. Dr. med. Egemen Savaskan (Klinik für Alterspsychiatrie der Psychiatrischen Universitätsklinik PUK Zürich) neu in die EG gewählt. Dr. Ansgar Felbecker (Kantonsspital St. Gallen), Dr. med. Rafael Traber (Clienia Littenheid AG) sowie Michelle Salathé (Klinisches Ethikkomitee der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel) traten aus der EG aus.
EG Schulungen HoNOS und HoNOSCA
In dieser EG nehmen die Dozentinnen und Dozenten der ANQ-Schulungen im Fachbereich Psychiatrie Einsitz. Sie unterstützen die Geschäftsstelle bei der Weiterentwicklung der Schulungen und bei Fragen von Kliniken rund um die beiden Messinstrumente. Da keine grösseren Geschäfte anstanden, traf sich die EG im Berichtsjahr zu keiner Sitzung.
EG Freiheitsbeschränkende Massnahmen (FM)
Die EG wurde im Berichtsjahr neu gegründet. Sie unterstützt die ANQ-Geschäftsstelle bei Fragestellungen rund um die Erfassung von Freiheitsbeschränkenden Massnahmen in der EP und der KJP, etwa bei der Beantwortung von Klinikanfragen oder bei der Überarbeitung des Erfassungsinstruments.
EG Strukturvariablen
Die EG tagte im Jahr 2023 nicht, bleibt aber weiterhin aktiv, um allfällige Themen rund um die Kliniktypzuordnung und/oder Standortzuteilungen zu besprechen.
EG Kurzaufenthalte
Die EG schloss ihren Arbeitsauftrag bereits 2019 ab und wurde deshalb sistiert. Der Auftrag bestand darin, die Eignung der Brief Symptom Checklist (BSCL) für Kurzaufenthalte zu prüfen. Die umfangreiche Prüfung zeigte eine Änderungssensitivität der BSCL ab 24 Stunden. Ein Fachartikel zu diesem Prüfungsresultat ist in Arbeit.
EG Audits/Controlling Freiheitsbeschränkende Massnahmen (FM)
Die Expertengruppe wurde sistiert. Das Thema bleibt aber weiterhin relevant und wird nun im QA Psychiatrie behandelt.